NoahFest vom Anatolien Kulturzentrum am 5. Dezember 2015, auf dem Hallwilersee

NoahFest vom Anatolien Kulturzentrum am 5. Dezember 2015, auf dem Hallwilersee

NoahFest vom Anatolien Kulturzentrum am 5. Dezember 2015, auf dem Hallwilersee 547 390 Philipp Hadorn

Geschätzte Teilnehmende des NoahFestes

Zusammengewürfelt, als Menschen mit ganz verschiedenen Erfahrungen, Erlebnissen, Kulturen und Religionen treffen wir uns hier auf dem Schiff … zum Dialog und Austausch. Herzlichen Dank für Eure Einladung, die mich sehr freute.

Die Chancen, aber auch Herausforderungen des interkulturellen Dialogs wurden mir in den neunziger Jahren persönlich sehr bewusst. In einem Haus beherbergten wir als evang.-methodistische Kirche in Olten Flüchtlinge aus Sri Lanka. Menschen aus Grossstädten, vom Lande, Hindus, Buddhisten und Christen lebten gemeinsam unter einem Dach in der sanierungsbedürftigen Hauri-Villa an der Martin-Distelistrasse. Als ehrenamtlicher Leiter dieses Hauses mit bis zu 18 BewohnerInnen hatte ich auch unzählige rechtliche Verfahren, insb. Asylverfahren, durchzuführen. Weshalb ich dies erzähle? Mein prägendes Erlebnis: Aus Fremden wurden wertvolle Freunde, obwohl viele Unterschiede nach wie vor vorhanden sind. – Freundschaften, die noch heute bestehen. Der Dialog über Werte, Wertvorstellungen hat uns zu zusammengeschweisst, Verständnis und Respekt füreinander gegeben.

Ein Dialog kommt zu Stande, wenn sich Menschen füreinander interessieren, gegenseitig am Leben Anteil geben und nehmen. Schritte des aufeinander Zugehens, einen Dialog zu führen, die Bereitschaft, vom Gegenüber zu lernen und die eigenen Ansichten und Überzeugungen zu reflektieren sind wohl die Schlüssel dazu.

Heute haben wir uns auf dieser Arche versammelt, um ein Zeichen zu setzen.

Als bekennender, gläubiger Christ ist mir die Geschichte Noahs aus Bibel bestens vertraut. Noah ging mit seinen drei Söhnen und deren Frauen in die Arche. Angebot und Möglichkeit zum Eintritt in das Schiff blieb eine ganze Woche lang geöffnet. Voraussetzungen gab es keine. Und diejenigen, welche die Chance wahrnahmen, erlebten Rettung vor der Sintflut und eine Zusage des Schöpfers, nie wieder eine derartige Naturkatastrophe zuzulassen.

Diese Geschichte lebt von Symbolen. Gott erbarmte sich der Schöpfung und brauchte mutige, leicht verrückte, innovative Menschen, welche sich auf ungewohnte, fremde Ideen einliessen. Noah wurde zum Vorbild, da er es weder scheute, zielstrebig, im Dialog gegenüber Mitmenschen, seine Vision umzusetzen und die Türe weit offen zu lassen. Stellen wir uns vor, wenn eine derartige Vielfalt wie auf der Arche Noach heute auf dieses Schiff gekommen wäre.

Machen wir es wie Noah, auch in der heutigen Krisenzeit. Terroranschläge erschüttern unsere Gesellschaft. Einzelne Menschen, welche sich auf den Koran berufen, tun ähnliches, was Christen im Mittelalter taten: Es wird versucht, Glaubensvorstellungen und -haltungen durch Krieg umzusetzen, zu erzwingen. Wohl ist es eher der Versuch Machtpolitik durch Missbrauch von Religion zu betreiben als wirklich Glauben auszudrücken – heute wie damals.

Heute treibt die IS-Terrorgruppe Tausende in die Flucht, westliche Staaten versuchen Angst und Wohlstand hinter Stacheldrähten zu verstecken, ein bemerkenswerter Teil der stimmberechtigten Schweizerbevölkerung folgt fremdenfeindlicher Propaganda und will Hilfsbedürftige aussperren.

Verbrechen einzelner Gruppierungen, aktuell von Islamisten, dürfen nicht dazu führen, den Austausch zwischen den Religionsangehörigen, auch zwischen Christen und Muslimen, einzufrieren.

Ganz im Gegenteil: Jetzt braucht es den Dialog erst recht, um gemeinsam die Wurzeln der Probleme zu finden und die Missstände zu beseitigen, die sie nähren. Polarisierenden Stimmen, auch in unserem Land, gilt es entschlossen Paroli zu bieten. Probleme dürfen angesprochen werden, Lösungen müssen gemeinsam gefunden werden.

Angst der verschiedenen Player ist verständlich. Dialog zwischen den Kulturen ist die Antwort. Mit friedlichen Mitteln müssen Wege gefunden werden, damit Menschen vor Terror geschützt sind, Radikale gemässigt den Weg zurück in eine solidarische Gesellschaft finden und die Ursache unterschiedlicher Chancen, nämlich insb. Hunger und Armut, bekämpft werden.

Meine Wahlkampagnen stellte ich persönlich jeweils unter die Slogans klar.gewerkschaftlich, klar.christlich und klar.sozial. Als Gewerkschafter, Christ und SP-Nationalrat ist es mir wichtig, dass die Vision eines vorurteilsfreien Miteinander, ein Respekt gegenüber Gleich- und Andersdenken, Gleich- und Andersglaubenden unsere Gesellschaft global prägt, auch in Ländern christlicher oder islamischer Tradition. Eine Gesellschaft, die Andersdenkende und Fremde nicht ausschliesst, sondern sich auch solidarisch und wertschätzend zeigt gegenüber Minderheiten, seien sie kultureller oder religiöser Natur. Eine Gesellschaft, die offen ist für jene, die Hilfsbedürftig sind, gerade auch wenn sie Fremde sind; eine Welt, in der Reichtum gerechter verteilt wird.

Auch das NoahFest scheint mir eine Plattform zu sein, dies zu üben und zu leben: Ach ja, die Friedens-Taube mit dem Olivenzweig, stammt ebenfalls aus der Noah-Geschichte. Dieser Hoffnungszweig kann uns weiterhin prägen und der heutige Tag ein kleiner Beitrag dazu sein.

Philipp Hadorn, NR, SP SO

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